Das hört sich so ähnlich an wie „Der Pferdeflüsterer“ und tatsächlich, irgendwie ist es vergleichbar  jemandem zuzusehen, der vermeintlich was von seinem Job versteht…

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Nach ca. fünf Monaten – ich hatte im Februar einen Termin gemacht – war es soweit: Die Sitzbank meiner zehn  Jahre „jungen“ Honda Africa Twin ist runderneuert worden. Hauptsächlich deswegen, weil die Originalsitzbank nicht sonderlich gemütlich ist. Das ist bei Touren zwar recht praktisch, da man vor Schmerz nicht Gefahr läuft einzuschlafen, allerdings rutscht man spätestens nach zwei Stunden auf der Sitzbank wie ein Drittklässler herum, der dringend zur Toilette muss. Aus diesem Grund habe ich nach einiger Recherche in Foren beschlossen, meine alte Sitzbank neu polstern und beziehen zu lassen. Wie gesagt, das war im Februar…

Die Suche…
Wer sich mit dem Thema genauer befasst, stolpert im Internet über eine Handvoll Leute. Mir ist Niklas Lange aus Solingen besonders positiv aufgefallen. Also nicht wie ab auf seine (übrigens aktuelle) Website und nach den Kontaktdaten gesucht. Ein Blick auf die Termine hat mich dann doch verwundert:  Freie Termine ab Ende Juli – *schluck*… Ich habe dann trotzdem angerufen vielleicht geht es ja doch schneller… Ging es nicht, soviel vorab, aber auch soviel vorab: Das Warten hat sich aus meiner Sicht gelohnt.

An 24. Juli 2009 bin ich die 66 Kilometer vom Niederrhein eben „rüber“ nach Solingen gefahren. Ich hätte die Bank auch schicken können. Erwartet hat mich ein gutgelaunter Niklas, der mir in seiner überschaubar großen Werkstatt erst mal einen Kaffee angeboten hat. Irgendwie hat mich alles an alte (Berufs-) Tage als Buchbinder erinnert. Das Radio läuft, überall Tische mit Material, Werkzeug, Bilder und Erinnerungen aller Art hängen an den Wänden – hier wird noch mit den Händen gearbeitet und am Ende des Tages kann man das Ergebnis anfassen!

Wie bei der Geburt des Kindes – dabei sein ist toll…
Super fand ich, dass Niklas mich bei unserem Telefonat bezüglich des Termins sofort gefragt hat, ob ich dableiben möchte, um mir alles anzusehen. Fand ich nachvollziehbar, erstmal musste ich nicht zweimal fahren und interessant ist sowas allemal. Außerdem hat es bei mir schon einen guten Eindruck hinterlassen, da er vermeintlich „nichts zu verstecken“ hat. Niklas ist ein unkomplizierter  und total offener Typ, der sofort anfängt beim Arbeiten zu erzählen, man fühlt sich also gleich wohl…

Eine Sitzbank entsteht…
Ich kann (und will) hier natürlich keinen Bericht für eine Fachzeitschrift verfassen, kann ich auch gar nicht.  Deswegen zur Entstehung der Bank hier mehr Unfachliches und einige unvollkommene Handyfotos.

Der Kern…

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Der alte Bezug wurde entfernt und die alte Polsterung vorsichtig gelöst. Teile hiervon fanden wieder Verwendung.

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Der alte Kern war eher zu weich als zu hart – das hatte ich anders empfunden! Hier gab es eine kleine Materialkunde. Niklas hat mir einige Materialien originaler Sitzbänke gezeigt. Verwunderlich: Selbst hochpreisige Hersteller wie BMW scheinen hier zu sparen…

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Die Sitzbank sollte ein wenig abgepolstert werden, also ca. einen Zentimeter „tiefer gelegt“ werden, da die Sitzhöhe der Africa Twin von 88 cm für mich doch recht hoch ist. Das Originalpolster wurde mit einem hochwertigen Sprühkleber, der sehr häufig zum Einsatz kam, wieder auf die Bank geklebt. Lieber Niklas, immer schon Atemschutz tragen, man will seine Kinder doch groß werden sehen, auch wenn der ganze Klebstoff in der Luft für gute Stimmung sorgt (-;

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Viel ist in dem Stadium vom Original nicht geblieben. Alles wir sehr ordentlich abgeschliffen, gereinigt und angepasst.

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Nachdem ein weiterer Teil der originalen Polsterung wieder aufgeklebt war, kam eine zusätzliche  Schicht sehr festen Materials darüber. Dies schien mir das eigentliche Herzstück zu sein. Hier hat Niklas lange mit der Flex, mit Feilen und Raspeln abgetragen, um die Basis der Bank ergonomisch zu formen. Dabei ist sie etwas breiter ausgefallen, was einen besseren Sitzkomfort bietet…

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Die nächste Schicht: hochwertiges, weiches Material, dass sich nicht durchsitzt. Auch hier wieder, kleine „Materialkunde“…

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Hält länger frisch: Niklas überzieht seine Bänke mit einer strapazierfähigen Folie, die einen zusätzlichen Schutz gegen Feuchtigkeit bietet.

Natürlich kann man bei Niklas auch Polsterungen mit Gelkissen oder sogar Sitzheizung bekommen, das sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, genau wie bei Bezugsmaterial…

Das Bezugsmaterial…
Wie gesagt, Niklas bietet unterschiedlichste Bezugs(kunst)stoffe an. Leder kommt eher nicht in Betracht – zu unpraktisch. Ich habe mir Materialkombinationen anhand von Mustern und Bilder anderer Africa Twins angesehen. Keine leichte Entscheidung. Niklas hilft aber, ohne direkt zu beeinflussen. Erst wollte ich was mit blauem Rand, habe mich dann aber glücklicherweise für eine Kombination von zwei Materialen mit unterschiedlicher Prägung in schwarz und anthrazit entschieden.

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Niklas verfügt über diverse Schnittmuster, die aber trotzdem irgendwie individuell angepasst werden müssen. Mein Sitzbankbezug besteht aus vier Teilen.

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Mit besonderen Industriemaschinen wird der Bezug zusammengenäht. Die Garne sind natürlich witterungsfest, sagt Niklas. Nach dem eigentlichen Zusammennähen bekommt der Sitzbankbezug von der Außenseite Ziernähte. Ich habe mich für dunkelrot entschieden.

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Der Bezug wird angepasst. Immer wieder kommt eine Heißluftpistole zum Einsatz, um das Material flexibel zu halten und anzupassen. Passt wie angegossen – für mich ein kleines, ne ein großes Wunder!

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Die Nähte werden von innen imprägniert, damit keine Feuchtigkeit über die Nahtstellen eindringen kann. Danach musste der Bezug trocknen und wir haben ein paar Kekse gegessen…

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Am Ende die „Hochzeit“ – Der Bezug kommt auf die Sitzbank. Passt wie angegossen. Zum Einsatz kommen übrigens häufig Luftdruckwerkzeuge, hier ein Tacker. Das überschüssige Material wird abgeschnitten und die Bank wird noch intensiv gereinigt – fertig!

Niklas hat um 9:00 Uhr begonnen, fertig war er um 13:30 Uhr. „Geht etwas schneller, wenn ich alleine bin“, sagt er. Toll, dass man trotzdem dabei sein darf. Und auch toll zu sehen, mit welcher gefühlten Leichtigkeit ein Fachmann so etwas „zaubert“. Ich glaube das beurteilen zu können, da ich selbst im ersten Berufleben Handwerker war.

Am Ende war es für mich nicht nur spannend dabei zu sein und alles mitzubekommen, es war auch ein echt netter und entspannter Vormittag, da Niklas es einem leicht macht und alles super interessant ist. Außerdem ist es da wieder: Das gute Gefühl. Das ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Vieles lässt sich ja im Leben nicht wirklich beurteilen. Haut meine Werkstatt mich übers Ohr? Geht meine Frau fremd? Ist das Wetter heute gut? Eine gutes Gefühl hilft da sehr und deswegen mag ich es auch so. Hier bei Niklas hatte ich es übrigens…  Jenseits des Gefühls kann sich das Ergebnis aus meiner Sicht mehr als sehen. lassen. Danke Niklas!

Wie mein Po die Sitzbank findet, wird die Zukunft bringen. Mein erster Eindruck – er ist zufrieden, mein Po…

Ach ja: Niklas erreicht ihr über www.sitzbankbezieher.de

1 Kommentar zu „Der Sitzbankbezieher“

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